Zwei Unternehmen aus der Riege der größten deutschen börsennotierten Unternehmen stechen mit der Vergütung ihrer Manager in diesem Jahr heraus, indem sie ihren Spitzenkräften deutlich höhere Bezüge zahlen als die anderen 38 Unternehmen des Dax: der Industriegasehersteller Linde und der Onlineversandhändler Zalando .
Linde zahlte seinem Vorstandschef Steve Angel in dessen letztem Jahr an der Spitze des Konzerns laut Berechnungen der Vergütungsberatung hkp eine Gesamtvergütung in Höhe von rund 57 Millionen Euro, einschließlich der Leistungen für die Altersversorgung. Zwar erhielt der Amerikaner eine reguläre Festvergütung im vergangenen Jahr von nur 1,3 Millionen Euro, wie aus dem gerade veröffentlichten Vergütungsbericht des Unternehmens hervorgeht, hinzu kommen aber üppige variable Entgeltbestandteile: Den Großteil seiner Vergütung erhält Angel in Form einer aktienbasierten Langfristvergütung, auf die laut hkp knapp 44 Millionen Euro entfallen.
Spitzenverdiener im Dax
Angel hatte schon in den Jahren zuvor prächtig verdient und war damit Spitzenverdiener im Dax. Nach der Fusion mit dem amerikanischen Rivalen Praxair im Jahr 2018 hatte sich Linde, als jetzt weltgrößter Anbieter von Industriegasen, den in Amerika üblichen Gehaltsgepflogenheiten angepasst. Damit stieß Linde schon vor einigen Jahren in für Deutschland unübliche Dimensionen vor. Angel, schon seit 2006 Chef von Praxair, erhielt als Linde-Chef nach den Berechnungen von hkp schon im Jahr 2020 ein Gehaltspaket im Umfang von rund 53 Millionen Euro. Im Jahr der Fusion 2018 hatte er rund 56 Millionen Dollar erhalten.
Der Amerikaner gab den Linde-Chefposten Ende Februar an den Inder Sanjiv Lamba ab und löste im Verwaltungsrat des Unternehmens Wolfgang Reitzle als Chefaufseher ab. Der Aktienkurs von Linde ist im vergangenen Jahr kräftig gestiegen und legte um mehr als 40 Prozent zu. Mit einem Börsenwert von rund 150 Milliarden Euro ist Linde mittlerweile das wertvollste unter den 40 Unternehmen des Dax. Im vergangenen Herbst hatte der Gasehersteller den langjährigen Spitzenreiter SAP abgelöst, der derzeit an der Börse noch mit knapp 120 Milliarden Euro bewertet wird.
Üppig vergütet wurden im vergangenen Jahr auch die Chefs des Berliner Onlinemodeversandhändlers Zalando: Die Vorstandsvorsitzenden Robert Gentz und David Schneider erhielten im vergangenen Jahr jeweils 45,5 Millionen Euro (F.A.Z. vom 8. April). Zum größten Teil stammen auch diese Beträge aus der Wertsteigerung von Aktienoptionen, die ihnen schon vor einigen Jahren zugeteilt worden waren. Ein Sonderfall ist die Vergütung von Rubin Ritter, der nur in der ersten Jahreshälfte noch zur Zalando-Vorstandsspitze dazugehörte und dann ausschied. Er erhielt laut Geschäftsbericht in dem halben Jahr immerhin noch rund 42,5 Millionen Euro, hinzu kam eine Sondervergütung nach Beendigung seines Dienstvertrags in Höhe von noch einmal rund 46,5 Millionen Euro aus einem Aktienoptionsprogramm des Jahres 2013. Auch in den Vorjahren hatten die Zalando-Chefs schon prächtig verdient.
Vergütungsberichte immer komplexer
Trotz dieser überaus üppigen Gehälter an der Spitze sind die Gehälter der Dax-Chefs im Jahr 2021 insgesamt nicht gestiegen. Neben den beiden Ausreißern Linde und Zalando erhielten – wenn man die Beiträge für die Altersversorgung mit einrechnet – noch vier weitere Vorstandsvorsitzende Gehälter, die etwas über der Zehn-Millionen-Euro-Marke lagen (Deutsche Post, Puma, Volkswagen und Adidas). Alle anderen Dax-Vorstandsvorsitzenden verdienten weniger als zehn Millionen Euro. Im Durchschnitt haben die Vorstandschefs der Dax-Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr laut hkp ein Gehalt von 8,3 Millionen Euro bezogen. Ein direkter Vergleich mit dem Vorjahr ist aber nicht möglich, weil der Dax von 30 auf 40 Unternehmen aufgestockt wurde.
Die Vergleichbarkeit der Managergehälter wird ohnehin immer schwieriger, auch weil es immer mehr unterschiedliche Modelle und Ausweispraktiken gibt. Zwar werden die Vergütungsberichte immer dicker und umfangreicher, doch meist sind sie auch für Fachleute nur schwer zu verstehen. „Die individuelle Transparenz hat sich erhöht, die Vergleichbarkeit aber hat gelitten“, sagt hkp-Vergütungsberater Michael Kramarsch am Dienstag bei der Vorstellung der Zahlen vor Journalisten in Frankfurt. Erstmals seit Jahren verzichtet das Beratungsunternehmen daher auf die Erstellung einer Rangliste der bestverdienenden Dax-Chefs. Dafür sei die Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben.
Um die Transparenz der Managervergütung zu erhöhen, hatte der Deutsche Corporate Governance Kodex bis vor Kurzem den Unternehmen noch empfohlen, die Vergütung anhand von Mustertabellen auszuweisen, in denen zwischen gewährter und zugeflossener Vergütung unterschieden wurde. Im Zuge der Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie wurden diese Mustertabellen aber wieder aus dem Kodex gestrichen. Die EU hat zwar neue Mustertabellen angekündigt, doch lassen diese auf sich warten.