Anleger haben an den Börsen wahrlich schon bessere Zeiten erlebt. Ein Aktienindex wie der F.A.Z.-Index hat in diesem Jahr zwar 7 Prozent zugelegt, im Vorjahr aber ein Fünftel seines Wertes verloren. Der Dax war kaum besser.
Die jährlichen Ausschüttungen der Gewinne der Gesellschaften an ihre Aktionäre sind der Grund dafür, warum für viele Anleger nun aber eine erfreuliche, lukrative Zeit beginnt. In der aktuellen Dividendensaison dürften die Unternehmen des F.A.Z.-Index, geschätzt, die Rekordsumme von 49,5 Milliarden Euro an Dividenden für das Geschäftsjahr 2018 ausschütten. Das wären 4,4 Prozent mehr als im Vorjahr mit 47,4 Milliarden Euro, auch dies ein Höchstwert. Im Vergleich zum Jahr 2013 käme dies sogar einem Plus um mehr als 50 Prozent gleich.
9 Euro von der Munich Re
Den großen Dividendenreigen dieses Jahres eröffnet der Technologiekonzern Siemens, der an diesem Mittwoch seine Hauptversammlung in München abhält. Die Aktionäre stimmen auf diesen Treffen unter anderem über die Höhe der zu zahlenden Dividende ab. Im Fall von Siemens sind dies 3,80 Euro je Aktie, nach zuvor 3,70 Euro. Am Freitag folgt der Stahlriese Thyssen-Krupp, der wie Siemens über ein gebrochenes Geschäftsjahr verfügt, das schon im September endet. Hier beträgt der Dividendenvorschlag unverändert 0,15 Euro jede Anteilschein.
Am Börsenhandelstag nach der Hauptversammlung wird die Dividende an der Börse vom Kurs abgezogen. Den Aktionären fließt sie aber seit dem Jahr 2017 erst am dritten auf das Treffen folgenden Geschäftstag zu. Optisch hohe Kursverluste an den Tagen „ex-Dividende“ sind also in der Regel kein schlechtes Zeichen, zumal sich die Aktienkurse von diesen Abschlägen oft rasch wieder erholen.
Diesen Sachverhalt nutzen sogenannte Dividendenjäger. Sie kaufen eine vielversprechende Aktie erst kurz vor der Hauptversammlungen und verkaufen das Wertpapier alsbald danach auch wieder, wenn sich der Aktienkurs möglichst wieder erholt hat. In der Zwischenzeit haben sie allerdings eine schöne Dividende kassiert.
Die höchste Dividendensumme dürfte in diesem Jahr mit 3,723 Milliarden Euro von der Allianz AG kommen, gefolgt von Daimler mit 3,423 Milliarden Euro, der Deutschen Telekom mit 3,32 Milliarden Euro und Siemens mit 3,07 Milliarden Euro. Auch auf die Aktionäre von BASF, Volkswagen (Vorzüge), Bayer und BMW warten wohl jeweils mehr als 2 Milliarden Euro.
Treffen die Schätzungen zu, dann werden 68 Unternehmen, also mehr als zwei Drittel der Werte des F.A.Z-Index, ihre Dividenden erhöhen und 19 sie unverändert belassen. Elf Konzerne dürften sie senken. Der üblicherweise 100 Werte umfassende F.AZ.-Index hat durch das Ausscheiden des Industriegasekonzerns Linde (Fusion mit Praxair) und des Generikaherstellers Stada (Übernahme durch Finanzinvestoren) derzeit nur 98 Mitglieder. Nach der nächsten Index-Anpassung im Mai sollten es wieder 100 Werte sein.
Die höchste Dividendenprognose je Aktie stammt vom Küchenhersteller Rational mit 10 Euro. Dahinter folgt Munich Re mit 9 Euro und Allianz mit 8,8 Euro. Mit Hochtief, der Hannover Rück, MAN und Volkswagen gibt es noch weitere Gesellschaften, die jeweils wohl mehr als 5 Euro je Aktien zahlen dürften. Nur bei sieben Unternehmen dürften die Aktionäre leer ausgehen. Dies gilt aus jetziger Sicht für die Metro-Abspaltung Ceconomy, SGL Carbon, Morphosys, Zalando, Nordex, Rocket Internet und Delivery Hero. Bis auf Ceconomy sind die Aktionäre diesen Kummer aber schon gewohnt.
Auch die Dax-Anleger dürften sich freuen. Andreas Hürkamp, Aktienstratege der Commerzbank, erwartet, dass 20 der 30 Unternehmen des Dax ihre Dividende erhöhen – also ebenfalls zwei Drittel der Index-Mitglieder. Seiner Ansicht nach dürfte dabei die Dividendensumme im Dax von 37,1 Milliarden Euro im Vorjahr um 3 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro steigen – ebenfalls ein Allzeithoch. Allein BMW, Continental, Daimler und Volkswagen sollten dabei 9,6 Milliarden Euro oder 25 Prozent der Dividendensumme des Dax auf sich vereinen. Für das Jahr 2009 wären es noch 5 Prozent gewesen.
Doch es gibt Wermutstropfen. Einige Fachleute warnten davor, dass dem Autosektor auf lange Sicht das gleiche Schicksal blühe könnte wie den Versorgeraktien des Dax, sagt Hürkamp. Eon und RWE hätten für das Geschäftsjahr 2009 noch 24 Prozent der Dax-Dividenden gezahlt, für das Jahr 2018 dürften es nur 4 Prozent sein.